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Der 16.10.2014 wird sicher nicht in die Annalen der deutschen Geschichte eingehen, denn es wurden an vielen Stellen nur Fragen gestellt und keine ernsthaften Antworten geliefert. Dennoch ist dieser Tag einen kleinen Bericht wert.
Denn heute fand im Bundestag die Debatte zur „Digitalen Agenda“ [1] statt, die die Bundesregierung vorstellte. Dass die Große Koalition den Antrag des gleichnamigen Ausschusses „Digitale Angenda“ dann in den Wirtschaftsausschuss verschoben hat, spricht wiederum Bände. Zeigt es doch mehr als deutlich, dass unsere Bundesregierung die Thematik Internet, digitale Entwicklung, gesellschaftliche Teilhabe, Transparenz, Lernen, offener Zugang usw., noch nicht im Ansatz verstanden hat. Das #Neuland ist demzufolge wohl doch ziemlich groß, welches auch die Aussage von Herrn Gabriel deutlich macht, der da sinngemäß sagte: „Das Internet ist böse, verbreiten sich Unwahrheiten doch viel zu schnell …“
Zitat Kölner Stadtanzeiger: „Von den Urvätern der Netzpolitik, der Piratenpartei, kommt aber fast schon ein Lob: „Dass das Thema jetzt im Bundestag angekommen ist, ist grundsätzlich schön“, sagt der Vorsitzende der Partei, Stefan Körner. Zwar sei die „Digitale Agenda“ „zu schwammig und in einigen Teilen kontraproduktiv, doch die Richtung stimmt“, sagt Körner weiter.“ [2]
Ein weiterer großer Themenkomplex war gestern der NSA-Untersuchungsausschuss. Eingeleitet wurde dieser heute durch unmissverständliche Drohungen aus dem Kanzleramt, welches dem Gremium mit Strafanzeigen gedroht hat, sollte es zu weiteren Enthüllungen aus diesem Untersuchungsausschuss kommen. Allein das ist ein Beispiel der digitalen Unfähigkeit dieser Bundesregierung. Die Aufklärer werden als kriminell dargestellt, während die tatsächlich Kriminellen aus BND, NSA und ganz offensichtlich aus der Regierung weiterhin die Bürgerrechte unbehelligt aushöhlen dürfen.
Am Ende wurde der NSA-UA abgebrochen, weil der Zeuge mehr Unterlagen zur Verfügung hatte als die Fragenden im Untersuchungsausschuss selbst.
Stefan Körner fragte die Bundesregierung dann dies:
und bewies damit, wie unsinnig geschwärzte Akten sind.
Kurios erscheint in diesem Zusammenhang die Befragung eine Woche zuvor. Dort war noch die Rede von Datenbanken, die alle möglichen Daten speichern. Der gestern befragte Kandidat hatte weniger in diesem Zusammenhang zu erzählen. Er sprach von einer „handvoll“ Daten? Zitat:
„Sensburg: Was wurde in ihrer Zeit gezählt?
B.: Wir haben die Meldungen gezählt. Das war so wenig, das konnte man per Hand durchzählen.“
Also, wenn „Eikonal“** nur eine handvoll Daten sind, Eikonal ja gar nicht stattfand, wozu werden dann Datenbanken benötigt? In diesem Zusammenhang fällt auf, wie Datensätze bezeichnet werden.
„Sensburg: Massenhafte Datenweitergabe. Spiegel Online 2012: 500 Millionen Verbindungsdaten. Was ist ein Datum? Metadatum, Rohdatum, Inhalt, Meldung, Meldungsvorprodukt, etc. Was verstehen sie unter einem Datum?
B.: Ein Datum ist eine Information. Nicht mehr und nicht weniger.“
Aha, eine Information? Auf Nachfrage im Untersuchungsausschuss kam dann heraus, dass so eine Information durchaus zwischen 20 und 30 Informationen enthalten kann. Und es gibt wertlose Informationen? Man möge sich das Protokoll selbst durchlesen – zu viele Fragen entstehen dabei. [3] Also, wenn unsere Bundesregierung solchen Leuten und Aussagen glaubt, wundert das Verhalten dieser Regierung eher nicht.
#FragSteinmeier war dann die dritte digitale Aktion an diesem Tag. 17 Fragen wurden mit 17 Antworten bedacht. [4][5] Warum jedoch Volker Beck, die Tagesschau oder RP-Online ihre Fragen nicht direkt an den Außenminister stellen können, sondern dafür Twitter nutzen müssen, erschließt sich an dieser Stelle nicht. Die Kürze der Antworten ist natürlich Twitter geschuldet. Ob nun ausgerechnet Twitter geeignet dafür erscheint, die drängendsten Fragen dieser Zeit beantworten zu können, wird sich mit diesem einmaligen Versuch nicht klären lassen. „Er hat es versucht“, würde in den Beurteilungen stehen, mehr aber auch nicht. Es war zu erwarten, dass Steinmeier kritischen Fragen ausweichen würde, denn insbesondere das Thema Eikonal war einer der Renner in den Fragen der vergangenen 24 Stunden.
[1] https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/digitale-agenda-2014-2017,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf
[2] http://www.ksta.de/politik/debatte-ueber-die–digitale-agenda–aufbruch-in-die-zukunft,15187246,28743636.html
[2] https://netzpolitik.org/2014/live-blog-aus-dem-geheimdienst-untersuchungsausschuss-bnd-abhoer-techinker-im-zeugenstand/
[4] https://twitter.com/AuswaertigesAmt
[5] http://www.rhein-zeitung.de/nachrichten/deutschland-und-welt_artikel,-%23FragSteinmeier-Twitter-wollte-Antworten-zu-Spaehprogramm-und-Aliens-_arid,1220594.html#.VD_4-3VJU65
** Als Eikonal (Altgriechisch εἰκών eikon = Bild, Abbild) wird in der geometrischen Optik die Strecke eines Lichtstrahls zwischen Ausgangs- und Endpunkt bezeichnet; mittlerweile bezeichnet der Begriff meist das Bruns-Eikonal. -> http://de.wikipedia.org/wiki/Eikonal